Die Migräne gehört zu den Krankheiten, bei denen Ärzte oft ratlos sind und lediglich mit Medikamenten die Symptome zu bekämpfen versuchen. Ob diese Volkskrankheit mithilfe von Ernährung gelindert werden kann, erklärt Euch meine heutige Gastautorin Anne Goldhammer-Michl.
Sie hat nicht nur ihre eigene chronische Migräne mit einer Ernährungsumstellung geheilt: Als ausgebildeter Ernährungs-, Mental- und Bewegungs-Coach hilft sie heute anderen Menschen, ihre Migräne und andere Probleme in den Griff zu bekommen.
Hier kommt Anne!
Was ist Migräne überhaupt?
Laut der Weltgesundheitsorganisation steht Migräne an sechster Stelle der am schwersten behindernden Erkrankungen des Menschen. Allein in Deutschland leiden jeden Tag rund eine Million Menschen an Migräneattacken. Sogar bis zu 5 % der Kinder sind bereits betroffen. Und es werden immer mehr.
In den Augen der Schulmedizin handelt es sich bei der Migräne um eine genetisch bedingte unheilbare Erkrankung. Sie wird vor allem mit Medikamenten behandelt. Als nichtmedikamentöse Behandlung werden leichter Ausdauersport und Entspannungsübungen empfohlen.
Apropos Sport, da fällt mir ein, wie mein damaliger Hausarzt mir gegen die Migräne tägliches Joggen empfahl. Ich versuchte ihm zu erklären, dass ich so dauererschöpft bin, dass an Joggen nicht zu denken wäre, es sei denn, ich wollte mit 100 %-iger Wahrscheinlichkeit einen Migräneanfall hervorrufen. Ich glaube, er hat es nicht verstanden …
Ein Einfluss der Ernährung auf die Migräne wird schulmedizinisch weitestgehend ausgeschlossen.
Mittlerweile mehren sich allerdings Studien, die darauf hinweisen, dass es sich bei der Migräne um ein Energiedefizit des Gehirns handelt und Migräniker ein Stoffwechselproblem mit (hochglykämischen) Kohlenhydraten haben. Kohlenhydrate mit einem hohen glykämischen Index lassen den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen.
Deshalb empfiehlt sich bei Migräne-Patienten unmittelbar eine Ernährung, in der nur Kohlenhydrate zugelassen sind, die nicht so schnell ins Blut schießen. Beispiele hierfür sind die LOGI (Low Glycemic Index) und die Paleo Ernährung. Für einige Migräniker wird ein Verzicht auf Zucker und Weißmehl und eine Umstellung auf ballaststoffreichere und damit niedrig glykämische Lebensmittel ausreichend sein. Für andere Betroffene ist aber der Kohlenhydratanteil dieser Speisen noch viel zu hoch. Hier sollte die Kohlenhydratzufuhr schrittweise weiter reduziert werden. Hierfür empfehlen sich die LCHF (Low Carb High Fat) oder die ketogene Ernährung.
Was heißt das jetzt konkret?
Der Körper gewinnt seine Energie vor allem aus Kohlenhydraten und Fetten. Bei unserer heutigen üblichen Ernährungsweise mit dem ständigen Zurverfügunghaben von Kohlenhydraten nutzt er fast ausschließlich den Kohlenhydratstoffwechsel. Wenn es hier Probleme gibt, dann steht dem Körper nicht genügend Energie zur Verfügung. Die Fähigkeit aus Fetten Energie zu gewinnen, hat er meistens verloren. Die gute Nachricht ist, diese Fähigkeit kann wiedererlangt werden. Und wenn der Körper in der Lage ist, alternative Energiequellen wie Fettsäuren oder Ketonkörper neben der Glukose zu nutzen, dann kann das Gehirn kontinuierlich mit Energie versorgt werden. Die Migränehäufigkeit und oft auch die Schwere nimmt ab.
Aus meiner eigenen Migränegeschichte und aus den Erfahrungen mit meinen Kunden haben sich folgende Tipps zur Ernährungsumstellung bewährt:
- Beginne langsam! Da der Körper eines Migränikers oftmals schon erschöpft ist, muss hier behutsam vorgegangen werden. Ersetze eine Mahlzeit am Tag durch eine kohlenhydratarme Variante und erhöhe gleichzeitig nach und nach die Menge der gesunden Fette! Die richtigen Fette wirken antientzündlich, schmecken und machen satt. Bei Migräne wird auch eine entzündliche Ursache vermutet.
- Iss nur wenig zwischendurch! Falls Zwischenmahlzeiten notwendig sind, dann iss nur Snacks, die den Blutzuckerspiegel nicht so stark in die Höhe treiben, wie etwa Nüsse, Gemüsesticks mit Dip, Käse, Quark mit Beeren.
- Reduziere Deinen Zuckerkonsum! Wenn es etwas Süßes sein soll, dann iss ein Stück Schokolade am besten im Anschluss an eine Mahlzeit. Je schokoladiger die Schokolade ist, desto mehr gesunden Kakao und weniger Zucker enthält sie. 70 % Kakaoanteil ist ein guter Anfang.
- Verwende Kokosöl! Kokosöl (bio, kalt gepresst, nativ) besteht fast ausschließlich aus gesättigten Fettsäuren und ist demzufolge sehr gut zum Braten geeignet. Außerdem können aus den mittelkettigen Fettsäuren des Kokosöls leicht Ketonkörper (alternative Energiequelle!) gebildet werden. Wichtig! Mit geringen Mengen beginnen und langsam steigern. Vor allem, wenn vorher eher fettarm gegessen wurde, dann braucht der Körper Zeit die entsprechenden Enzyme zu bilden.
- Ersetze nach und nach alle Mahlzeiten durch eine Variante, die den Blutzucker nicht so schnell in die Höhe treibt. Höre dabei immer auf Deinen Körper! Das Ziel sollte es sein, mit 3 – 4 Mahlzeiten ohne Zwischensnacks gut gesättigt durch den Tag zu kommen.
- Sei geduldig! Die Migräne hat sich nicht über Nacht entwickelt und es kann einige Wochen oder auch Monate dauern bis sich die Migräne bessert.
- Verwende möglichst natürliche Lebensmittel! Fertigprodukte enthalten oft Zusatzstoffe, die sich ungünstig auf unseren Körper auswirken.
Wichtige Anmerkung: Die Umstellung auf eine kohlenhydratreduzierte Ernährungsweise sollte unbedingt vor allem bei bereits bestehenden Krankheiten oder Medikamenteneinnahme mit einem Arzt oder Heilpraktiker abgesprochen werden.
Studien zum Mitmachen
Es gibt zurzeit zwei interessante Migräne-Studien, die noch Studienteilnehmer suchen:
In der Schweiz findet eine Studie mit externen Ketonkörpern statt. Ketonkörper sind ein normalerweise körpereigener Stoff, der unter bestimmten Bedingungen verstärkt gebildet wird und als alternativer Brennstoff genutzt werden kann, aber auch noch weitere positive Effekte mit sich bringt.
Das Ziel der Studie an der Uni in Mainz ist es, die Wirksamkeit aktueller verhaltenstherapeutischer Methoden zu überprüfen und so eine optimale Therapieform für die Migräne zu entwickeln.
Mehr Infos und Kontakt: Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG) – Studien
Wer bin ich?
Mein Name ist Anne Goldhammer-Michl. Ich bin Inhaberin der avocadooo Ernährungsberatung und habe mich auf die Beratung für Menschen mit Migräne spezialisiert.
Nachdem ich meine chronische Migräne durch eine Ernährungsumstellung heilen konnte, war ich so fasziniert von diesem Thema, dass ich eine Ausbildung zum EMB® (Ernährungs-, Mental- und Bewegungs-) Berater/Coach absolvierte. Je tiefer ich in dieses Thema eintauchte, desto klarer wurde mir, wie viel die Ernährung tatsächlich bewirken kann.
Als Statistikerin ist es mir ein Anliegen, dass die Ernährungsempfehlungen wissenschaftlich fundiert sind. Als leidenschaftliche Esserin und gelernte Köchin ist es mir vor allem wichtig, dass das Essen schmeckt und unkompliziert zubereitet werden kann.
Literatur und Studien:
- Bernecker C, Ragginer C, Fauler G, Horejsi R, Möller R, Zelzer S, Lechner A, Wallner-Blazek M, Weiss S, Fazekas F, Bahadori B, Truschnig-Wilders M, Gruber HJ: Oxidative stress is associated with migraine and migraine-related metabolic risk in females., 2011
- Evcili G, Utku U, Öğün MN, Özdemir G: Early and long period follow-up results of low glycemic index diet for migraine prophylaxis., 2018
- Gruber HJ, Bernecker C, Pailer S, Fauler G, Horejsi R, Möller R, Lechner A, Fazekas F, Truschnig-Wilders M: Hyperinsulinaemia in migraineurs is associated with nitric oxide stress., 2010
- Kokavec A: Migraine: A disorder of metabolism?, 2016
- Peter Mersch: Migräne: Heilung ist möglich, 2016*
- Pietrobon D, Striessnig J: Neurobiology of migraine., 2003
- Rainero I, Govone F, Gai A, Vacca A, Rubino E: Is Migraine Primarily a Metaboloendocrine Disorder?, 2018
- Rainero I, Limone P, Ferrero M, Valfrè W, Pelissetto C, Rubino E, Gentile S, Lo Giudice R, Pinessi L: Insulin sensitivity is impaired in patients with migraine., 2005
- Viciano, A.: Migräne bei Kindern – Einfach die Hölle, Süddeutsche Zeitung, 30.09.2018
Zusammenfassung
Vielen Dank, liebe Anne!
Ihr seht: Wenn man sich ein wenig mit dem Stoffwechsel beschäftigt und mithilfe artgerechter Ernährung, mehr gesunden Fetten und weniger „schnellen“ Kohlenhydraten dem Gehirn die Möglichkeit gibt, sich selbst besser mit Energie zu versorgen, kann man auch schwierige Krankheiten wie Migräne lindern.
Wenn Ihr Euch direkt von Anne beraten lassen wollt, dann schaut Euch Annes Leistungsangebot für Ernährungsberatung an.
Und jetzt seid Ihr dran: Habt Ihr schon Erfahrungen mit Migräne und Ernährung gesammelt? Schreibt darüber in den Kommentaren!
Photo: „Mist-shrouded treetops“ von Unsplash-User cieloadentro, genutzt unter der freien Unsplash-Lizenz.
Porträfoto genutzt mit freundlicher Genehmigung von Anne Goldhammer-Michl.
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Von Constantin Gonzalez am 09.04.2019, aktualisiert: 10.04.2019 in Allgemein.
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